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Sie sagen «Ja, wir wollen»

Erstellt von Manuela Moser |
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Seit dem 1. Juli dürfen in der Schweiz gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Derek Kotara und Dan Jones sagten am 7. Juli in Küsnacht «Ja» und heirateten nach über 20 Jahren Beziehung.

Den roten Herzballon auf dem Balkon des Ehepaars Jones und Kotara sieht man schon von weitem. Nachdem die beiden Küsnachter am 7. Juli geheiratet haben und danach ihre Flitterferien drei Tage in Brigels verbrachten, sind sie nun wieder zurück im Arbeitsleben. Die Hochzeit tragen sie in schöner Erinnerung. «Der Tag war perfekt», so Dan Jones. Sie fuhren mit geschmückten Fahrrädern zum Standesamt in Küsnacht, wo sie das zweite gleichgeschlechtliche Paar waren, das heiratete. Anschliessend feierten sie ihre Hochzeit im Restaurant Seehaus in Herrliberg. 

Brillentauchen am Hochzeitstag

Doch ganz ohne Pannen war der Tag nicht. Beim Posen für ein lustiges Sprungfoto auf einem Steg fiel Kotaras Brille in den See. «Die Brille ist ziemlich teuer gewesen», so sein Mann. «Also hat Derek sich glatt bis auf die Unterhose ausgezogen und ist in den See gesprungen.» Die Brille hat er dabei aber leider nicht mehr gefunden. Dafür hat er sich aber bei deren Suche an Muscheln so stark aufgeschnitten, dass die bereitgestellten Tücher des Restaurants ganz blutverschmiert waren. «Wir wollten für das Ganze aufkommen, aber das Restaurant lehnte ab und beteuerte, die Tücher müssten sowieso gewaschen werden.» Nachdem die Wunden versorgt und über den Verlust der teuren Brille fertig getrauert war, genossen die frisch Verheirateten ihren wohlverdienten Zmittag im Restaurant mit Trauzeugen. 

Auch rechtliche Gründe

Da sie bereits für ihre kantonal eingetragene Partnerschaft 2006 ein grosses Fest mit Freunden und Arbeitskollegen gemacht hatten, feierten sie ihre Hochzeit im kleineren Rahmen. Dass sie nun als verheiratete Männer einfachere Einreisebedingungen in andere Länder haben und sich bei den Formularen nicht immer fragen müssen, ob sie denn nun ledig oder verheiratet seien, ist ein Grund für die Hochzeit. «In der Coronapandemie wollten wir in mein Heimatland Amerika reisen, um meine Eltern zu besuchen», so Jones, «es war ein Riesenaufwand, bis auch Derek endlich die Bewilligung von der US-Botschaft dafür bekam. Wären wir dort schon verheiratet gewesen, wäre das viel einfacher gewesen.» 

Derek Kotara (55), ursprünglich vor 30 Jahren aus Polen in die Schweiz gekommen, und der 59-jährige Dan Jones, vor 22 Jahre aus Amerika eingewandert, war es sehr wichtig, sich in der Schweiz schnell zu integrieren. «Wir verstehen uns sehr gut mit unseren Nachbarn und versuchen auch in unserer Freizeit, unsere Kontakte zu pflegen.» Unter anderem sind sie Mitglieder im Badminton-Club Küsnacht. In der Schweiz haben sie sich vor über 20 Jahren auch kennen gelernt, am Züri-Fäscht 2001. Liebe auf den ersten Blick war es aber nicht. Erst als sie sich in der Badi ein zweites Mal sahen, funkte es. 

Diskriminierung nicht provozieren

Mit Diskriminierung haben die beiden glücklicherweise noch nicht viel Erfahrung gemacht. Derek Kotara hat eine mögliche Erklärung dafür: «Wir provozieren Angriffe auch nicht so, wie andere Homosexuelle das vielleicht machen. Wir lackieren uns nicht die Nägel, tragen keine Schminke oder laufen oben ohne herum. Wir sind wie jedes andere Paar auch.» Er betont, dass viele gleichgeschlechtliche Paare gar nicht diese Stereotypen, die Leute von Homosexuellen haben, erfüllen. Viele von diesen Beziehungen seien gar nicht anders als heterosexuelle. 

«Es gibt jedoch einige, welche die Ausgrenzung auch mit ihrem Verhalten provozieren. Wir würden zum Beispiel in Appenzell niemals Händchen haltend durch die Gegend spazieren», berichtet Kotara. Jones fügt an: «Ich finde aber eigentlich, jeder und jede sollte sich so verhalten und anziehen dürfen, wie diese Person es möchte.» Ein kontroverses Thema also, wie man im Gespräch mit den beiden frisch Vermählten merkt. So sein dürfen, wie man möchte, ohne dabei abschätzige und negative Kommentare zu provozieren. 

Auch auf ihrer Arbeit werden diese Themen unterschiedlich angesehen. Dan Jones, der beim Strass- und Kristallhersteller Swarovski arbeitet, erlebt in seiner Firma eine grosse Offenheit gegenüber Homosexualität. «Es gibt dort sogar eine Gruppe, die sich für deren Akzeptanz einsetzt», erzählt er. Derek Kotara hingegen arbeitet bei der Ruag, dem Technologiepartner für die Schweizer Armee, die eher konservativ eingestellt ist. Mit der Homosexualität wird nicht so offen umgegangen beziehungsweise Kotara will auch nicht, dass seine sexuelle Ausrichtung an seinem Arbeitsplatz ein Thema ist. Auch dort hat er jedoch noch nie Diskriminierung erfahren.

Der Freundeskreis der beiden Männer ist sehr durchmischt. Homo- und heterosexuelle Menschen sind darin vertreten. «Wenn wir Freunde einladen, besuchen sie nicht ‹zwei Schwule›, sondern einfach ein Paar wie jedes andere auch», berichtet Kotara. «Wir backen dann auch nicht extra einen Regenbogenkuchen oder dekorieren unsere Wohnung in pinken Farben», lacht er. Dan Jones fügt an: «Wir sollten einfach mit diesem Kategorisieren aufhören. Wir sind alle irgendwie anders, aber am Ende doch alle gleich.»

«Wir würden in Appenzell niemals Händchen haltend durch die Gegend spazieren.» 

Derek KotaraFrisch verheirateter Küsnachter

Kurz nach diesem Sprung landete die Brille im See: Derek Kotara (l.) und Dan Jones an ihrem Hochzeitstag im Seehaus Herrliberg.Bilder zvg

Mit geschmückten Fahrrädern fuhren das Hochzeitspaar und die Trauzeugen zum Standesamt.