Spannend und knapp: Die vom Gemeinderat beantragte Steuersenkung um zwei Punkte lehnten die Küsnachter an der Gemeindeversammlung um zwölf Stimmen ab.
Zehn Voten und fast zwei Stunden später beantragte ein anwesender Stimmberechtigter den Abbruch der Diskussion: Die Meinungen seien gemacht, die Gemeindeversammlung solle nun zur Abstimmung schreiten. Gemeindepräsident Markus Ernst (FDP) stimmte zu und fragte in die Runde, wer dagegen sei. Nur einer der 347 Anwesenden erhob die Hand.
Die Heslihalle war am Montag bis auf den letzten Platz besetzt. Zur Abstimmung stand der Antrag des Gemeinderates, den Steuerfuss um 2 Punkte auf 75 Prozent zu senken. Dies, weil die vergangenen Rechnungsabschlüsse gut waren und stets ein Überschuss erzielt worden war. Auch die Rechnungsprüfungskommission (RPK) stand hinter dem Antrag. Doch schon im Vorfeld hatte es Gegenwehr aus den Ortsparteien gebildet: Allen voran die Grünen, GLP und SP, aber auch das Bürgerforum und das linke Netzwerk Rotgrünplus.
In einem Schreiben vom 29. November an den Präsidenten der GLP, Philippe Guldin, und an die Presse – den «Küsnachter» erreichte es vergangene Woche nach Redaktionsschluss – versuchte die Gemeinde nochmals klarzustellen, dass die beantragte Steuersenkung keinen direkten Zusammenhang mit der Planung einer Dreifachturnhalle habe. «Selbst wenn die Steuersenkung abgelehnt würde, wäre die Realisierung der Halle in der aktuellen Finanzplanperiode nicht möglich», heisst es da. Das Bedürfnis sei aber anerkannt und der Gemeinderat werde nicht untätig bleiben: Vielmehr nutze er die Zeit, um weitere Abklärungen zu treffen, vor allem bezüglich der Tagesnutzung der Halle, um «eine nachhaltige, auch für kommende Generationen vernünftig finanzierbare Lösung» zu finden.
«Halle wird später gebaut»
So war Finanzvorsteher Martin Schneider (SVP) in seinem Votum am Montag bemüht, den Anwesenden vor der Abstimmung darzulegen, dass die Dreifachhalle geplant sei, aber nicht als erste Priorität. Diese wünschten sich vor allem der Basketball-, der Handball- und der Unihockeyclub. In den nächsten vier Jahren gibt der Gemeinderat der Sanierung der Kunsteisbahn Küsnacht (KEK), des Areals des Alters- und Gesundheitszentrums Wangensbach sowie dem Bau eines neuen Feuerwehrgebäudes und des Wohnhauses Freihofstrasse den Vorzug. Eine Staffelung grosser Projekte sei sinnvoll, argumentierte er weiter, auch um die Kapazitäten der Behörden nicht zu strapazieren.
«Eine jetzige moderate Steuerfussreduktion wäre die Antwort auf ein Luxusproblem», denn das Steuersubstrat sei in den letzten drei Jahren stetig gestiegen. Schneider: «Wir haben die 75 und 77 Prozent durchgerechnet, 75 wäre für mindestens vier Jahre machbar. Dabei müssten wir auf keine Annehmlichkeiten verzichten.»
Zehn meldeten sich zu Wort
An der Reihe waren dann die Votanten – zehn insgesamt, vier davon waren für eine Steuersenkung. Unter den Rednern fanden sich sämtliche Vertreter der Ortsparteien – als Erster stellte sich Peter Ritter vom Bürgerforum Küsnacht ans Mikrofon. «Es ist verlockend, einer Steuersenkung zuzustimmen, aber trotzdem sind wir alle dagegen gewesen.» Warum? Ein stabiler Steuerfuss habe sich bewährt, anders als andere Nachbargemeinden musste man in Küsnacht nicht die Steuern senken und kurz darauf wieder erhöhen.
Zudem könnten die geplanten Investitionen immer auch teurer ausfallen, wie die KEK gezeigt habe. «Und wer profitiert am Schluss von einer Senkung?», fragte er in den Saal. «Ein paar wenige Reiche.» Ritters Spruch «Spare in der Zeit, so hast du in der Not» wollte Gemeindepräsident Markus Ernst dann aber nicht so stehen lassen. «Küsnacht verfügt über stille Reserven von 219 Millionen Franken, das ist ein sehr namhafter Betrag.» Man wolle Steuern nicht «ansparen», und auch wenn wenige von einer Senkung profitierten, nehme man von diesen «doch eine schöne Leistung» entgegen, meinte Ernst.
«Wie wollen wir leben?»
Andere Voten kamen von Privatpersonen, davon berührte besonders die Rede einer pensionierten Bewohnerin, die «den ethischen Blickwinkel» in die Diskussion einbringen wollte. Sie verbringe als Freiwillige viel Zeit mit älteren Menschen, da höre sie, wie die Altersarbeit der Gemeinde geschätzt werde. Aber vermehrt auch Klagen über den Stress des Pflegepersonals und den Zeitmangel. «Ich plädiere für die Würde von älteren Menschen und frage: Wollen wir in einer Gemeinde mit dem tiefsten Steuerfuss leben oder in einer Gemeinde, die das Geld in die Hand nimmt für die Wertschätzung von Pflegepersonal?»
177 Stimmberechtigte waren für den Steuerfuss von 77 Prozent, 165 stimmten für einen tieferen, fünf enthielten sich. Damit war die Steuersenkung abgelehnt. Die Annahme des Budgets 2020 war Formsache. Es schliesst ausgeglichen bei einem Aufwand von 256,2 Millionen und einem Ertrag von 256,3 Millionen Franken.