Ob es sich lohnt, jährlich Millionen Fische im Zürichsee freizusetzen, ist umstritten. Markierte Felchen sollen die Frage beantworten helfen.
In den kommenden Wochen verlässt in der kantonalen Fischzuchtanlage eine neue Generation Felchen die Schale ihrer Eier. Zwischen 50 und 70 Millionen davon werden jedes Jahr in dem Gebäude am Seeufer in Stäfa ausgebrütet. Einmal geschlüpft, trägt Fischereiaufseher Arno Filli die Fischlein in Kübeln zum Schiff und setzt sie an geeigneten Orten im Zürich- und Obersee frei.
Einige der freigesetzten Fische werden möglicherweise auf einem Teller landen. Die Felche ist als Mahlzeit begehrt. Zwischen 75 und 100 Tonnen haben Berufs- und Sportfischer zuletzt jährlich im See gefangen. Bis zum Ende in der Bratpfanne werden aber noch einige Jahre ins Land ziehen, in denen die Fischlein fressen, was ihnen vors Maul kommt, vor allem Plankton. Und wachsen, bis sie das Mindestmass von 25 Zentimetern erreicht haben.
Rund die Hälfte der jungen Felchen, die Fischereiaufseher Filli in diesem Frühling freisetzt, sind markiert. Sichtbar ist das von aussen nicht. Mit dem roten Farbstoff versehen wurden die Fische genau zu dem Zeitpunkt, als sich ihr Gehörstein bildete, der Otholit. Das geschah, noch während die Fische im Ei waren. Innert 24 Stunden habe das Markieren erledigt werden müssen, sagt Filli anlässlich einer Führung des Natur- und Vogelschutzvereins Küsnacht durch die Anlage in Stäfa.
Rote Steinlein zählen
Markiert wurden die Felchen, um eine alte Frage zu klären: Lohnt sich der Aufwand, Felchen, Seeforellen und andere Fische aus Eiern zu erbrüten? Oder liesse sich der Bestand auch ohne das Einsetzen der Fischlein in Seen und Bächen erhalten? Ja, der Aufwand lohne sich, sagen der Kanton und die Berufsfischer am Zürichsee. Nein, es ist unnötig, sagen Kritiker aus den Reihen von Sportfischern und Naturschützern.
Erstmals nach den markierten Felchen gefischt wird im nächsten Jahr. Dann werden einjährige Felchen gefangen, mit einem sonst nicht erlaubten engmaschigen Netz, seziert und unter das Mikroskop gelegt. Dadurch können die Forscher zählen, wie viele davon einen roten Gehörstein aufweisen und damit aus der Zucht stammen. Der Versuch wird laut Fischereiaufseher Filli in zwei Jahren wiederholt, um Fehler zu minimieren. Die Kosten von 160 000 Franken teilen sich die Kantone Schwyz, St. Gallen und Zürich.
Auf der Basis der gesammelten Daten soll eine Aussage dazu möglich sein, wie viele der im Zürich- und Obersee schwimmenden Felchen aus der Anlage in Stäfa stammen und wie viele aus natürlicher Vermehrung. Dann kann möglicherweise auch die Frage beantwortet werden, ob die Aufzucht von Felchen aus Eiern weiterhin nötig ist oder nicht.