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Gefährdergesetz muss vors Volk

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Für mich überraschend, hat das Schweizer Parlament am 25. September das Gesetz «Polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus» (PMT) angenommen. Einige Jungparteien, die Piratenpartei, die Zuger Piraten-Abspaltung PARAT und der Chaos Computer Club Schweiz ergreifen dagegen das Referendum – siehe die Website www.pmt-nein.ch.

Doch warum? Dieses Gesetz ritzt am Rechtsstaat: Das Gesetz erlaubt es, mit blossen Unterstellungen, Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren mit Hausarrest und Rayonverbot sowie ab 15 Jahren sogar mit Gefängnis zu belegen. Solche Unterstellungen können etwa aus Social-Media-Nachrichten geschöpft werden, die oft emotional abgesetzt werden.

Aus Daten entstehen Muster
Das Gesetz muss man auch im Kontext der zwei Überwachungsgesetze Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) für die Strafverfolgung und dem Nachrichtendienstgesetz (NDG) sehen. Diese Gesetze erlauben es beim Büpf mit und beim NDG ohne konkreten Straftatbestand, Überwachungen vorzunehmen und damit Datenbanken zu nähren. Aus dem Datenmeer entstehen Muster, die es erlauben, Menschen zu kategorisieren und als Gefahr einzustufen. Der Prozess ist vollautomatisierbar, sodass die Gefahr sehr gross ist, dass das Gesetz zu (teil-)automatischen Inhaftierungen führt – ähnlich wie beim US-amerikanischen Film «Minority Report».

Das Gesetz und die Annahme des Gesetzes irritiert in mehrfacher Hinsicht: Einerseits scheint der Zeitpunkt willkürlich gewählt. Mitten in der Corona-Krise ist Terrorismus nicht (mehr) das Hauptproblem. Der «War on Terror» scheint dem «War on Corona» gewichen zu sein: Diesen Eindruck erhält man insbesondere, wenn man sich die Kriegsrhetorik von Präsidenten wie Macron anhört, der vom «unsichtbaren Feind» schwadroniert, der zu schlagen sei.

Andererseits ist verstörend, dass das Gesetz von bürgerlichen Kräften wie CVP, FDP und SVP praktisch einstimmig angenommen wurde, während linke und linksliberale Kräfte wie SP, Grüne und Grünliberale das Gesetz einstimmig abgelehnt haben. Das ist deshalb absurd, weil es bei diesem Gesetz darum geht, Verhältnismässigkeit und Rechtsstaatlichkeit in der Schweiz zu wahren: Es darf kein Links-rechts-Thema sein.

Hernâni Marques,
Chaos Computer Club Schweiz