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Ein Geschworenen-Prozess tobt in Zollikon

Erstellt von Laura Hohler |
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Seit 1988 produziert die Theatergruppe Zollikon einmal im Jahr ein neues Stück. Diesen September inszeniert Regisseurin Franca Basoli «Die zwölf Geschworenen» des amerikanischen Autors Reginald Rose.

Seit 1988 produziert die Theatergruppe Zollikon einmal im Jahr ein neues Stück. Diesen September inszeniert Regisseurin Franca Basoli «Die zwölf Geschworenen» des amerikanischen Autors Reginald Rose.

Das Kammerspiel «Die zwölf Geschworenen » handelt von einem amerikanischen Geschworenenprozess, bei dem sich elf der zwölf Anwesenden sicher sind, dass der Angeklagte schuldig ist. Lediglich eine Person zweifelt an der Schuld des 19-Jährigen, der seinen Vater mit einem Messer getötet haben soll, und zieht damit anfänglich den Unmut der anderen auf sich. Ein Geschworener hat es besonders eilig, da er sich noch ein Baseballspiel seiner Lieblingsmannschaft ansehen will. Andere beklagen sich über die unerträgliche Hitze.

Nach und nach zweifeln sie
Anfänglich sind sich die Geschworenen absolut sicher, dass sie ihren Täter längst gefunden haben – trotz der widersprüchlichen Zeugenaussagen. Nach und nach zweifeln aber weitere Geschworene an der Schuld des jungen Mannes und das Drama im Gerichtszimmer nimmt seinen Lauf. Handgreiflichkeiten, Beleidigungen und Wut dominieren im Raum.
Franca Basoli, Regisseurin und Schauspielerin, inszeniert das Stück «12 Angry Men» von 1954 auf Schweizerdeutsch, bleibt jedoch nah an der Originalversion. Was sich aber von ihr unterscheidet, ist, dass in Basolis Version auch Frauen vorkommen. «Nur Männer, das wäre einfach nicht mehr zeitgemäss», so die Zürcherin mit deutsch-italienischen Wurzeln. Das Stück sei eine Parabel auf die Demokratie und nach wie vor sehr aktuell im Bezug auf das amerikanische Rechtssystem, erklärt Basoli. Klare Haupt- und Nebenrollen gebe es in dem Ensemble-Stück nicht. «Jeder spielt eigentlich die Hauptrolle, alle haben ihre eigenen Argumente und versteckten Motive. Nach und nach bilden sich auch Koalitionen und Allianzen.»
Das Kammerspiel in die heutige Zeit zu adaptieren, wäre nicht sinnvoll gewesen, so Basoli, «das würde vom Inhalt ablenken». Auf die Frage, warum die Schauspielerinnen und Schauspieler Dialekt und nicht Hochdeutsch sprechen, sagt sie: «In der Muttersprache kann man sich viel direkter ausdrücken, man kommt mehr aus sich heraus.»

Laientheater auf hohem Niveau
Während der Probe muss Basoli bloss noch wenige Anweisungen geben. Bis auf wenige Textpatzer läuft alles wie geschmiert. Im Hintergrund anwesend sind auch Kinder und weitere Angehörige. Zur Stärkung steht ein reichhaltiges Getränke- und Essensbuffet bereit.
Seit März dieses Jahres proben die Laiendarsteller fleissig am eher textlastigen Stück. Nebenbei gehen alle ihrer Arbeit nach. In den letzten Wochen vor der Premiere werden die Proben länger – an den letzten drei Wochenenden übte die Theatergruppe Zollikon fleissig und intensiv. «Da muss sich jeder arrangieren, es ist schon sehr anstrengend», so Karin Benz, die die Geschworene Nr. 1 spielt. Doch im Hinblick auf die Vorführungen habe man ein gutes Gefühl. Die Einnahmen, die sie durch die Eintrittsbillette erhalten, würden alle in den Verein fliessen. «Deswegen können wir uns alle paar Jahre auch einmal eine Profiregisseurin wie Franca Basoli leisten. So kommen wir weiter», erklärt Benz.