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Die Frau hinter dem «braunen Bus»

Erstellt von Rahel Köppel |
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Regula Baumgartner ist seit elf Jahren Geschäftsführerin beim Autobusbetrieb Zürich-Zollikon-Küsnacht, kurz AZZK genannt – oder seiner Farbe wegen im Volksmund «der braune Bus». Sie fühlt sich sehr wohl in ihrer Position und mag die Herausforderungen, die diese Aufgabe mit sich bringt.

Der Empfang ist ausserordentlich freundlich, wenn man das Büro des «braunen Busses» an der Seestrasse in Zollikon betritt. Die achtmonatige Bürohündin Cara wedelt mit dem Schwanz. Ihre Besitzerin Regula Baumgartner, Geschäftsführerin des Autobetriebs Zürich-Zollikon-Küsnacht (AZZK), ruft die aufgeregte Hündin zu sich zurück. Die 60-Jährige leitet den Familienbetrieb seit elf Jahren in der dritten Generation. Für Baumgartner war es immer schon klar, dass sie den AZZK einmal übernehmen möchte.

Auch die drei Schwestern von Baumgartner sind an dem Unternehmen beteiligt; sie sind im Verwaltungsrat. Generell sei das Klima im Betrieb sehr familiär. Das unterscheide ihren Betrieb von grösseren Unternehmen, wie zum Beispiel den Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich (VBZ). Baumgartner erzählt, sie schätze diesen familiären Umgang. «Bei Gesprächen mit Mitarbeitern geht es nicht nur um geschäftliche Belange, sondern oft auch um Privates. Das ist toll an der Grösse unseres Betriebes.»

Die Mitarbeiter scheinen sich auch wohlzufühlen. Pepe Pasquale war vorher Buschauffeur und ist jetzt Mechaniker. «Mir gefällt es hier sehr gut. Vor allem die Familiarität mit den Baumgartners weiss ich zu schätzen.»

Als Frau in einem eher männerlastigen Betrieb fühlt sich Baumgartner wohl. «Man muss sich schon etwas durchsetzen, um sich Respekt zu verschaffen», erzählt die Geschäftsführerin. Am Anfang hätten sich vielleicht schon einige gefragt, was denn die da wolle, aber mittlerweile sei die Akzeptanz voll da.

Der AZZK und die VBZ

Der AZZK verfügt über eine besondere ­Organisationsform und ist nicht wirklich Teil der VBZ. «Wir sind ein privates Unternehmen», so Baumgartner, «aber Transportbeauftragte von den VBZ.» Sie fügt an: «Wir wollten einfach niemals die braune Farbe aufgeben. Die Leute kennen uns als ‹braunen Bus›, und es wäre komisch, wenn wir plötzlich blau-weiss wären.»

Die Frage, ob sie wegen ihres Unternehmens manchmal Existenzängste habe, verneint Baumgartner. «Unsere Zusammenarbeit mit den VBZ ist gut. Auch die Fahrgäste sind zufrieden und die Bewertungen stimmen.» Das sei für Baumgartner auch sehr wichtig. Sie seien immerhin ein Dienstleistungsbetrieb, und da sei es sehr wichtig, dass sie möglichst sicher und pünktlich unterwegs und die Gäste glücklich seien.

Auch die Entwicklung von umweltgerechten Bussen beschäftigt Baumgartner. «Wir überlegen konstant, wie wir möglichst umweltfreundlich unterwegs sein können», so die Geschäftsführerin. «Und», ergänzt ihr Betriebsleiter Béla Kalman, «wir haben bereits jetzt Busse, die einen Hybridantrieb haben.» Elektrobusse seien zudem in der Planung.

Grössere und kleinere Unfälle

Ein Ereignis, auf das Regula Baumgartner nicht sehr gerne zurückblickt, ist ein Busunfall, der ziemlich am Anfang ihrer Karriere passierte. 2012 kollidierte ein Lastwagen mit einem braunen Bus, wobei 14 Personen verletzt wurden, der Chauffeur des Busses sogar schwer. «Gott sei Dank ist niemand verstorben», so Baumgartner. Schlimm sei gewesen, wie der Betrieb und vor allem sie als Geschäftsführerin damals von der Presse bombardiert worden seien. «Alle wollten ein Interview, alle wollten wissen, wie das passieren konnte.» Sie habe Dinge von sich gelesen, die sie so niemals gesagt habe. «Der Chauffeur war ein erfahrener Mitarbeiter. Ich weiss bis heute nicht, wie es dazu kommen konnte.» Ansonsten geschahen aber in den letzten elf Jahren, in denen Baumgartner das Unternehmen leitet, keine grösseren Unfälle. «Ich hoffe sehr, dass das auch so bleibt.»

Trotzdem hat aber auch Baumgartner schon grössere Schwierigkeiten miterlebt, zum Beispiel als es im Winter 2021 eine so grosse Menge Schnee gab wie seit vielen Jahren nicht mehr. «Unser erster Bus am Morgen konnte noch aus der Garage fahren, ist dann aber schon bald steckengeblieben.» Unter Absprache mit den VBZ wurde entschieden, dass der Betrieb eingestellt wird. «Unsere Leute sind dann losgegangen, um den Bus freizuschaufeln», lacht Baumgartner in Erinnerung an diese Situation. «Ich war damals überrascht, dass es überhaupt so viele ins Depot geschafft haben.» Um die 16 Tonnen wiegt ein Gelenkbus, was in jedem Winter für kleinere Schwierigkeiten sorgt. «Da wir aber ein gutes Übereinkommen mit dem Winterdienst haben und somit die Strassen meist gut gepfadet sind, haben wir da eigentlich normalerweise keine grösseren Probleme.»

Eine grosse Familie

Die Familiarität und den Zusammenhalt in dem Betrieb spürt man bei Regula Baumgartner und auch bei Béla Kalman gut. Seit 30 Jahren kennen sich die beiden. «Mir sind meine Angestellten sehr wichtig. Die Chauffeure dürfen sich beim Fahren keine Fehler erlauben und müssen immer bei der Sache sein. Es ist ein richtiger Knochenjob.» Gerade deshalb sei es für sie wichtig, miteinander zu reden, wenn Probleme da sind. «Ich werde hier so lange arbeiten, wie es mir gefällt», meint sie. «Bis jetzt bin ich immer noch sehr gerne hier und mag meinen Beruf mit allem, was er mit sich bringt.»